Zur Beendigung des Projekts „Partnerschaften für Demokratie“ im Landkreis Bautzen

UPDATE: Auch das Netzwerk Tolerantes Sachsen, in dem wir Mitglied sind, veröffentlicht nun eine Stellungnahme und fordert darin unter anderen die Rücknahme der Entscheidung des Landkreises, das pro-aktive Zugehen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ auf die betroffene PfD, sowie das Engagement der Landesregierung, um die Projektförderung aufrechterhalten zu können!

Der Landkreis Bautzen hat das Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Sächsische Ministerium des Inneren gebeten, Bescheide für das Projekt „Partnerschaften für Demokratie“ (PfD) zu widerrufen. Damit fallen vielfältige Förder-, Unterstützungs- und Beratungsangebote im Kontext der Jugendarbeit und kultureller Angebote weg. Dies teilt das Netzwerk für Kinder- und Jugendarbeit in Bischofswerda als Träger der zuständigen Koordinierungs- und Fachstelle im Landkreis Bautzen mit. Wir verweisen an dieser Stelle auf die verschiedenen Pressemitteilungen des Netzwerks für Kinder- und Jugendarbeit sowie des trägerverBUNT (tvBUNT), Netzwerk für Demokratie und Vielfalt im Landkreis Bautzen:

Pressemitteilung zur Beendigung des Projektes „Partnerschaften für Demokratie“

Das Netzwerk für Kinder- und Jugendarbeit e.V. hat am Dienstag, dem 21.01.2025, vom Büro des Landrates per Mail die Mitteilung erhalten, dass das Landratsamt die bereits im Vorjahr beantragte Förderung des Projektes „Partnerschaften für Demokratie“ (PfD) zurückzieht und das Projekt damit beendet wird.

Betroffen hiervon sind nicht nur das Netzwerk als Träger der externen Koordinierungs- und Fachstelle, sondern auch viele Träger im Kultur- und Jugendhilfebereich sowie Kommunen im ländlichen Raum. Geplante Projekte der PfD zur Jugendbeteiligung, Nachwuchsgewinnung und Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements – wie Jugendleiterschulungen, Fördermittelberatungen, Kulturprojekte im ländlichen Raum oder auch Vor-Ort-Beratungen für Vereine – können nicht mehr angeboten werden. Die Signale vom fördermittelgebenden Bundesprogramm und dem Landespräventionsrat Sachsen, als zuständige Behörden, waren hinsichtlich der Bewilligung des Landkreis-Antrages sehr aussichtsreich.

Für die nun abrupt getroffene Entscheidung gegen das Projekt werden im Landratsamt derzeit fehlende Finanzen in Höhe von jährlich 50.000 € angeführt, die als Eigenleistung einzubringen wären. Dem Landkreis Bautzen stünden durch das Projekt PfD allerdings jährlich 200.000 € und damit 1,6 Mio. € in den nächsten acht Jahren der Förderperiode zur Verfügung.

Das Projekt „Partnerschaften für Demokratie“ und sein Vorgängerprojekt „Lokaler Aktionsplan“ haben seit 2011 im Landkreis Bautzen das soziale Engagement in der Region gefördert. Gemeinsam mit Netzwerkpartnern wie selbstverwalteten Jugendtreffs, Dorfclubs, Kirchen, Jugendfeuerwehren, Sportvereinen, Jugendarbeitern im Landkreis, Kulturvereinen oder Inklusionsprojekten lag der Fokus darauf, lokale Ideen und Vorhaben zu unterstützen und zu fördern. In den letzten fünf Jahren konnten so knapp 250 Projekte finanziell gefördert oder überhaupt erst ermöglicht werden. Die Palette reichte von der Unterstützung kleiner Projekte, beispielsweise in der Öffentlichkeitsarbeit, um ihr Engagement besser sichtbar zu machen, bis hin zu Projektförderungen von bis zu etwa 15.000 €.

Auch wenn finanzielle Zwänge in dieser schwierigen Zeit nachvollziehbar sind, sehen wir durch die Nichtinanspruchnahme der Bundes- und Landesmittel einen fachlichen und materiellen Verlust für die Kommunen unseres Landkreises. Wir befürchten, dass durch den Wegfall des Projektes massive Einschnitte entstehen – insbesondere für die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Ehrenamtsförderung.

All dies bedauern wir sehr und warnen gleichzeitig vor den Folgen dieser Entscheidung, die vor allem Auswirkungen auf den ländlichen Raum haben wird.

Der Vorstand und die Teamführung des Netzwerkes für Kinder- und Jugendarbeit e.V.

Zur Pressemitteilung: https://www.pfd-lk-bautzen.de/

Landkreis Bautzen stellt PfD ein

Landkreis Bautzen verzichtet auf Zukunftsinvestitionen im sozialen Bereich – tvBUNT stellt kritische Fragen

Bautzen, den 25. Januar 2025

Mit großer Verwunderung nimmt das Netzwerk für Demokratie und Vielfalt, tvBUNT, die „überraschende“ Entscheidung des Landratsamtes Bautzen zur Kenntnis, die bereits bewilligte Förderung des Projekts „Partnerschaften für Demokratie“ (PfD) zurückzuziehen. Eine offene politische Entscheidung war das offensichtlich nicht – denn eine solche hätte dem Kreistag zur Abstimmung vorgelegt werden müssen. Vielmehr scheint es, als würden einzelne Führungspersonen in der Verwaltung ihre eigene politische Agenda verfolgen und wichtige gesellschaftliche Projekte kurzerhand nach Belieben beenden.

Bereits mit der – noch in ihrer Rechtmäßigkeit zu prüfenden – Abschaffung der Ausländerbeauftragten hat das Landratsamt bewiesen, dass soziale Themen wohl nur lästige Randerscheinungen sind. Nun folgt der nächste gravierende Einschnitt, der nicht nur das ehrenamtliche Engagement, sondern auch die Jugend- und Kulturarbeit im Landkreis empfindlich trifft.

Soziale Investitionen: eine andere Logik?

tvBUNT stellt sich die Frage: Warum gelten im sozialen Bereich offenbar andere Logiken als in der Wirtschaft? Anscheinend ist ein Investitionsfaktor von 1:4 nicht attraktiv genug, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt geht. Offenbar ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, für einen eigenen Beitrag von 50.000 Euro jährlich mindestens 200.000 Euro an Fördermitteln zu erhalten. Diese Haltung erscheint uns geradezu visionär – in einem Sinne, den wir nicht nachvollziehen können.

Fragwürdige Berechnungen – 50.000 Euro Eigenmittel für eine Halbtagsstelle?

Der Landkreis gibt an, 50.000 Euro als Eigenmittel aufwenden zu müssen. Laut Fördervorgaben ist eine halbe Stelle in der Verwaltung als Eigenanteil sicherzustellen. Besonders bemerkenswert finden wir daher die Behauptung, dass diese 20-Stunden-Stelle den Landkreis satte 50.000 Euro pro Jahr kosten soll. Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, wird über diese Zahl wohl nur den Kopf schütteln. tvBUNT fragt sich daher ernsthaft, auf welcher Basis diese Kalkulation beruht und ob die Verwaltung hier mit ihren eigenen Gehaltsstrukturen vertraut ist. Oder handelt es sich um eine bewusst geschaffene Hürde, um die Finanzierung des Projekts zu verhindern?

Klare Forderung an die Landkreisverwaltung

Der tvBUNT fordert das Landratsamt Bautzen auf, sich endlich zur sozialen Verantwortung zu bekennen und Transparenz in den Entscheidungsprozessen herzustellen. Soziale Investitionen sind keine Geldverschwendung, sondern essenziell für eine lebenswerte Zukunft unseres Landkreises. Wir appellieren an alle engagierten Bürgerinnen und Bürger, sich diesem strukturellen Missstand entgegenzustellen und für Demokratie und Vielfalt einzutreten.

Für weitere Informationen und Interviewanfragen steht Ihnen das Netzwerk tvBUNT gerne zur Verfügung.

Zur Pressemitteilung: https://www.traegerverbunt.de/nachrichten/