Stellungnahme zu den geplanten Kürzungen in der Stadt Dresden
Die in der Stadt Dresden diskutierten massiven Kürzungen in weiten Bereichen der öffentlichen und gesellschaftlichen Infrastruktur bestürzen uns. Wir unterstützen den Aufruf zur Demonstration am 21. November 2024. Als Dach- und Fachverband für die Arbeitsfelder Mobile Jugendarbeit und Streetwork nehmen wir zur Situation wie folgt Stellung und adressieren damit politische Entscheidungsträger:innen in der Stadt Dresden:
Stellungnahme des Landesarbeitskreises Mobile Jugendarbeit Sachsen e.V. zu den geplanten Kürzungen in der Stadt Dresden
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Besorgnis und Unverständnis nehmen wir die geplanten massiven Kürzungen in den Bereichen Jugendhilfe, Wohlfahrtspflege, Kultur und öffentlicher Infrastruktur in der Stadt Dresden zur Kenntnis. Diese Maßnahmen sind nicht nachvollziehbar und bergen erhebliche Risiken für die Entwicklung junger Menschen und die Stabilität unserer demokratischen Gesellschaft.
Die anvisierten Einsparungen betreffen essenzielle Strukturen, die für das Aufwachsen junger Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Zu den betroffenen Bereichen zählt die Jugendarbeit (SGB VIII §11), deren grundlegende Leistungen allen jungen Menschen zur Verfügung stehen müssen. Darüber hinaus umfasst hingegen die Jugendsozialarbeit (SGB VIII §13) Leistungen, die darauf abzielen, gesellschaftliche und individuelle Problemlagen zu bearbeiten, um Benachteiligungen entgegenzuwirken. Die diskutierten Kürzungspläne bergen in ihrer Gesamtheit jedoch die Gefahr, dass das Fundament des demokratischen Gemeinwesens der Stadt Dresden nachhaltig erheblichen Schaden nimmt.
Kurzfristige Einsparungen mögen haushalterisch notwendig erscheinen, jedoch werden sie sich zum einen massiv auf eine sehr große Anzahl direkt betroffener Menschen auswirken und zum anderen langfristige Folgekosten produzieren, welche dann wiederum unweigerlich auf die Stadt Dresden zukommen werden.
Obgleich die Folgekosten, die durch das Fehlen von Angeboten entstehen, nur schwer zu kalkulieren sind, lässt sich mit hinreichender Sicherheit prognostizieren, dass beispielsweise in den Folgejahren mit einer steigenden Zahl von Fällen im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu rechnen ist. Ein weiterer Aspekt, der in die Betrachtung mit einbezogen werden muss, sind die steigenden Kosten im Gesundheits- und Sozialwesen, die aus der erhöhten Vulnerabilität junger Menschen resultieren. Präventionsmaßnahmen, deren Umsetzung nun verhindert werden soll, werden zu einem späteren Zeitpunkt in Form von erhöhtem gesellschaftlichem und finanziellem Aufwand erneut auf die Agenda kommen.
Die aktuell diskutierten Kürzungen sind von einem Ausmaß, dass selbst die weiterhin bestehenden Angebote im Kontext der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit kaum arbeitsfähig sein werden. Dies liegt darin begründet, dass die traditionell knappen Sachkosten noch mehr zusammengekürzt werden sollen, aber auch dass für die sozialräumliche Arbeit so wichtige professionelle Netzwerke schlicht nicht mehr zur Verfügung stehen und zusammenbrechen werden.
Junge Menschen haben nicht nur in der Zeit der Corona-Pandemie sehr starken Einschnitte hinnehmen müssen zugunsten der gesamten Gesellschaft. Vielfältige Krisen und wirtschaftliche Verschärfungen führten zu steigender Armut, psychischen Problemlagen und in vielen Fällen auch offensichtlichem Elend. Gleichzeitig erleben diese jungen Menschen eine Politik im Dauerstreit und ohne Lösungsvorschläge für große und drängende Zukunftsfragen.
Die Erfahrung, dass ihre Interessen und Bedürfnisse wieder einmal nicht ernst genommen werden, wird nicht nur zu einer weiteren Entfremdung von demokratischen Prozessen führen. Die entstehenden Lücken in der Infrastruktur des Gemeinwesens werden weiterhin andere, demokratiefeindliche Akteur:innen zu füllen versuchen. Auch hier werden die langfristigen, sozialen Folgekosten enorm sein und gesellschaftliche Verwerfungen mit sich bringen.
Mit dem Umsetzen der geplanten Kürzungen würde die Stadt Dresden ein bereits brüchiges Fundament weiter destabilisieren, was den Zusammenhalt der demokratischen Gesellschaft langfristig gefährden würde.
Daher fordern wir die Stadt Dresden und Sie als politische Entscheidungsträger:innen auf: Schützen Sie die Infrastruktur Ihres Gemeinwesens. Schützen Sie die vielfältigen zivilgesellschaftlichen Projekte und Akteur:innen Ihrer Stadt. Investieren Sie weiterhin in die bestehenden Jugend-, Wohlfahrts- und Kulturangebote, anstatt sie zu kürzen und ihrer Funktionsfähigkeit zu berauben. Die Investitionen, die Sie heute in junge Menschen und ihre Bedürfnisse tätigen, zahlen sich langfristig aus – sowohl in der Stärkung des sozialen Zusammenhalts als auch in der Förderung einer stabilen und resilienten Demokratie.
Wir appellieren an alle Entscheidungsträger:innen in der Stadt, verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert zu handeln und die Bedeutung einer starken, vielseitigen und inklusiven Jugendhilfe- und Kulturlandschaft sowie Wohlfahrtspflege zu erkennen.
Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Grohmann
Bildungsreferent